
Sozialrealismus mit Paul Laverty erkunden: Einblicke vom Luxembourg City Film Festival
Der gefeierte Drehbuchautor Paul Laverty, bekannt für seine Zusammenarbeit mit dem legendären Filmemacher Ken Loach, hat stets eindrucksvolle sozialrealistische Filme geschaffen. Ihre Zusammenarbeit brachte bemerkenswerte Werke hervor, darunter die preisgekrönten Filme „ Ich, Daniel Blake“ und „Der Wind, der die Gerste schüttelt“, die beide mit der renommierten Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet wurden.
Lavertys Karriere begann in Kalkutta, Indien, wo er als Sohn einer irischen Mutter und eines schottischen Vaters geboren wurde. Er studierte Philosophie in Rom und widmete Mitte der 1980er Jahre einen Teil seiner Karriere einer Menschenrechtsorganisation in Nicaragua. Laverty lebt derzeit in Edinburgh und nimmt als Jurymitglied unter der Leitung des iranischen Filmemachers Mohammad Rasoulof an der 15. Ausgabe des Luxembourg City Film Festival teil, neben namhaften Persönlichkeiten wie Tim Roth.
Film als Spiegel unserer Zeit
In einem aufschlussreichen Gespräch mit dem Hollywood Reporter auf dem Festival sprach Laverty über die zentrale Rolle des Kinos bei der Auseinandersetzung mit aktuellen globalen Themen und seine Pläne für eine Zusammenarbeit mit dem spanischen Filmemacher Icíar Bollaín, bekannt für „ Ich bin Nevenka“. Er ging auch auf Spekulationen ein, ob „The Old Oak“ die letzte Zusammenarbeit zwischen ihm und Loach sein könnte.
Über den Einfluss globaler Ereignisse auf das Filmemachen
Laverty äußerte sich differenziert dazu, ausschließlich als themenorientierter Autor eingestuft zu werden. Er betonte, dass Charakter und Erzählung stets im Vordergrund stehen sollten.„Die Wahl der Charaktere und die Prämisse der Geschichte spiegeln letztlich persönliche Obsessionen wider“, erklärte er und betonte die Bedeutung des Geschichtenerzählens gegenüber bloßer ideologischer Predigt.
Er teilte seine Gedanken zu einem bedeutenden Bericht mit dem Titel „ Eine Kartographie des Genozids“ von Forensic Architecture, der die Krise im Gazastreifen akribisch untersucht. Laverty nannte ihn eines der wichtigsten Dokumente unserer Zeit und betonte die harten Realitäten, die er aufdeckt, beklagte aber gleichzeitig die mangelnde Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwird.
Der Abbau globaler Normen
Laverty wies auf einen beunruhigenden Trend hin, der seiner Meinung nach eine Missachtung des Völkerrechts widerspiegelt. Er bezeichnete das jüngste Vorgehen der USA gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag als Sinnbild für einen allgemeinen Trend zur Straflosigkeit.„Die Hüter der Menschenrechte geraten ins Visier“, beklagte er und bezweifelte, dass Filme, die diese Narrative in Frage stellen, jemals eine Plattform finden werden.
Die Post-Truth-Ära und ihre Auswirkungen auf das Filmemachen
Laverty reflektierte über das Konzept einer postfaktischen Gesellschaft und zog Parallelen zu seinen Erfahrungen in Mittelamerika in den 1980er Jahren, wo er die Manipulation von Narrativen hautnah miterlebte.„Damals gab es Fake News, aber heute ist es so, als ob ihnen die Wahrheit völlig egal wäre“, bemerkte er und fügte hinzu, dass ein Verantwortungsbewusstsein heute nicht mehr vorhanden zu sein scheine.
Die Rolle von Regierung und Macht in der Gesellschaft
Bei der Diskussion über die Auswirkungen mächtiger Persönlichkeiten wie Elon Musk betonte Laverty die Bedenken hinsichtlich des Einflusses unregulierten Reichtums auf Narrative und Politik. Er argumentierte, dass diese konzentrierte Macht den gesellschaftlichen Diskurs umgestalte, um ihn einer bestimmten Agenda anzupassen – oft auf Kosten demokratischer Werte.
Laverty betrachtete die Auswirkungen des öffentlichen Diskurses und der zunehmenden Normalisierung autoritärer Verhaltensweisen.„Das Gerede von der Meinungsfreiheit ist nur eine Fassade für den Abbau demokratischer Institutionen“, bemerkte er ernst und bezeichnete die aktuelle Ära als eine Ära großer Gefahren.
Filmemachen als Form des Widerstands
Auf die Frage nach seiner Rolle als Filmemacher unter diesen schwierigen Umständen räumte Laverty zwar die Grenzen des Kinos ein, betonte aber, dass Geschichtenerzählen immer noch wertvoll sei.„Filmemacher haben oft nur begrenzten Einfluss, aber jede Geschichte ist ein Hoffnungsschimmer“, erklärte er.„Es ist wichtig, Geschichten zu schaffen, die Gemeinschaften Widerstandsfähigkeit verleihen und ihnen Freude angesichts von Widrigkeiten vermitteln.“
Er ist überzeugt, dass die Aufrechterhaltung der Hoffnung für den kollektiven Widerstand unerlässlich ist, da sie den Wunsch fördert, Alternativen zu den vorherrschenden Narrativen zu formulieren.„Diese dunklen Zeiten verlangen nach Geschichten, die aufbauen und inspirieren“, schloss er und betonte die Bedeutung von gemeinschaftlicher Solidarität und Freude als wesentliche Formen des Widerstands.
Zukünftige kollaborative Unternehmungen im Kino
Mit Blick auf die Zukunft zeigte sich Laverty begeistert von kommenden Projekten, insbesondere mit Icíar Bollaín und dem renommierten Filmemacher Ramin Bahrani, bekannt für „Der weiße Tiger“. Er teilte Pläne für eine Zusammenarbeit mit und würdigte Bahranis beeindruckendes Talent und seine Sensibilität.
Höhepunkt einer Ära: Reflexionen über die Zusammenarbeit mit Ken Loach
Was die Spekulationen angeht, ob „The Old Oak“ tatsächlich Loachs letzter Film sein wird, bestätigte Laverty dies. Er lobte Loachs bemerkenswerte Vision und unerschütterliche Entschlossenheit, trotz der enormen Energie, die die Fertigstellung von Spielfilmen erfordert.„Mit 89 Jahren ist Ken immer noch bemerkenswert scharfsinnig; sein Engagement ist wirklich inspirierend“, bemerkte Laverty dankbar und blickte auf ihre fruchtbare Zusammenarbeit zurück.
Lavertys Einblicke beim Luxembourg City Film Festival zeugen von einem tiefen Verständnis für die Rolle des Kinos in der Gesellschaft. Er ermutigt Filmemacher, drängende soziale Probleme anzusprechen und gleichzeitig den menschlichen Geist zu würdigen. Während er neue Projekte vorantreibt, wird die Resonanz seiner Arbeit zweifellos weiterhin zu Dialog und Reflexion anregen.
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